Von Johanna Gangl

Im Rahmen eines sehr interessanten Lehrausgangs zur Kleinen Zeitung konnten wir, die 4 HLWb, am 20. Juni 2018 ein Interview mit Mag. Claudia Gigler, Journalistin, führen.

Schülerin: Wie wichtig ist die Kleine Zeitung in der Österreichischen Medienlandschaft?
ClaudiaGigler: Wir, die Kleine Zeitung, sind relativ stark und relativ wichtig und das ist gut so. Wir sind zwar nur in der Steiermark und in Kärnten groß und stark, aber in diesen beiden Bundesländern sind wir sehr stark. Dort haben wir über 50% Marktanteil und haben die Kronen Zeitung dort auf Platz 2 vertrieben. Das ist unsere Stärke und die benötigt man, denn damit ist man unabhängig.

Schülerin: Wie schätzen Sie die Zukunft von Print-Medien ein?
ClaudiaGigler: Damit befassen wir uns seit 10 Jahren. Mit wechselseitiger Angst sozusagen und Angst in unterschiedlicher Dimension, weil die Print-Zeitung immer noch die Cash Cow des Unternehmens ist. Print bringt viel mehr Erlöse als Online und die Kleine Zeitung bringt viel mehr Erlöse als alles andere, was die Styria macht. Wir sind also immer noch der Machtfaktor, finanziell, umgekehrt formuliert, wenn da was ins Rutschen gerät, dann wird es heikel. Das Problem ist, das ist im Rutschen, wir sind nur relativ erfolgreich im Aufhalten beziehungsweise Bremsen des Rutschens. Beides, also die Leser und die Anzeigenerlöse, sind im Rutschen. Deswegen stecken wir sehr viel Potenzial und Kapital in die Onlinezeitung, weil Print unserer Meinung nach irgendwann ein Ablaufdatum haben wird. Hoffentlich noch nicht bald, doch auf diesen Zeitpunkt müssen alle Medienbetriebe vorbereitet sein.

Schülerin: Wie müssen sich Zeitungen weiter entwickeln, also nur eine App oder Onlineausgabe oder könnte es da eine neue Art von Zeitung geben?
ClaudiaGigler: Es hat sich erwiesen, dass zwei Dinge das Überlebensrezept sind. Das eine ist die Regionalität. Man hat am Anfang geglaubt, dass eher die großen Überregionalen sich halten werden, aber es hat sich herausgestellt, im Regionalen liegt die Kraft, aus dem Grund, weil die Bindung wichtig ist. Regional kann man diese Bindung viel besser aufbauen. Das zweite Überlebensprinzip ist der Nutzen. An dem Tag, wo die Zeitung niemandem mehr von Nutzen ist, stellen wir sie ein.

Schülerin: Wie wichtig ist ein Journalist/eine Journalistin in der Zeit von Social Media, wo alles sofort auf Twitter und Co gepostet wird?
ClaudiaGigler: Hier geht es um die Gatekeeperfunktion. Ihr könnt jederzeit alles wissen, ihr wisst es aber nicht. Warum? Weil ihr wahnsinnig werden würdet, wenn ihr immer alles anschauen würdet. Natürlich könnt ihr jede Information dieser Welt überall herhaben. Alles steht zur Verfügung. Unsere Funktion ist die Funktion des Torwächters. Wir überlegen, was wichtig ist, was ihr braucht, um euch orientieren zu können, was euch interessieren könnte, was lustig ist. Wir sind diejenigen, die das für euch aussuchen, und wenn ihr die jeweilige Zeitung abonniert, dann wollt ihr genau das von demjenigen. Außerdem sind wir in der Regel schneller und besser darin, den Wahrheitsgehalt einer Geschichte herauszufinden. Natürlich machen wir auch Fehler, aber in der Regel können wir es besser einschätzen, durch unsere Erfahrung.

Schülerin:Was halten Sie von Fake News?
ClaudiaGigler: Ganz furchtbar! Furchtbar ist: Die Glaubwürdigkeit kommt ins Rutschen, zum Beispiel durch die Flüchtlingswelle. Wir machen immer das, was wir für gut und richtig halten, aber was ist gut und richtig?
Es kamen viele Flüchtlinge und es war eine positive Stimmung. Wichtig war beim Schreiben, dazu ein Bild zu finden, das diese Stimmung zeigt, tendenziell eins mit mehr Frauen und Kindern oben. Irgendwann ist die Stimmung gekippt und dadurch auch die Wahrnehmung. Medien wurden beschuldigt, da viele durch die Sozialen Medien ein falsches Bild hatten. Jetzt arbeiten wir daran, diese Glaubwürdigkeit wieder aufzubauen. Bei uns findet man einigermaßen realitätsgetreue Nachrichten.

Schülerin: Noch eine Frage zum Schreiben, also schreiben Sie selber die Interviews?
ClaudiaGigler: Ja, wer sonst?
Schülerin:Ok, Wie bereiten Sie sich denn auf ein Interview vor?
ClaudiaGigler: Ausschließlich über Internet, was anderes gibt es ja nicht mehr wirklich und da über das eigene Archiv der Kleinen Zeitung, das APA-Archiv (APA =Austria Presse Agentur) und wenn ich dann diese gestützten Informationen habe, über Stichworte im allgemeinen Internet. Es kommt auch darauf an, mache ich ein Interview über eine Person, dann hole ich mir biografische Daten, oder geht es um ein Interview zu einer Sache, dann hole ich mir Informationen zu der Sache.

Schülerin: Welche Kriterien gibt es bei einem Interview zu beachten?
ClaudiaGigler: Das Entscheidende ist die Vorbereitung, also sowohl bei Interviews und auch bei moderierten Gesprächen. Bei der Vorbereitung ist es wichtig, ganz genau zu kennen, was ich wissen will, wo die Antworten zu 80% vorhersehbar sind und ich daher den Ablauf der Fragen ziemlich gut steuern kann, damit ein gutes, spannendes Gespräch entsteht. Gleichzeitig muss man erkennen können, wenn das Gespräch in eine Richtung geht, die ich nicht erwartet habe, und gleich darauf eingehen.
Schülerin:Also wie gehen Sie dann bei der Befragung direkt vor? Fangen Sie einfach an zu fragen oder ist es eher ein Gespräch?
ClaudiaGigler: Ich habe immer einen ganz genauen Ablauf, von dem ich aber vollkommen spontan abweiche, aber dieser Ablauf ist mein Grundgerüst. Ich weiß trotzdem, ich kann zu diesem Gerüst immer wieder zurückkehren. Am Anfang macht man auch oft ein „Plaudergschichtl“, um aufzuwärmen und um den Gesprächspartner auch ein bisschen lockerer zu machen. Dadurch kann man auch spontanere Antworten aus dem Interviewten herauslocken.
Schülerin:Zum Schluss würde es uns noch interessieren, mit wem sie das spannendste bzw. interessanteste Interview hatten.
ClaudiaGigler: Eine, die ich persönlich unglaublich toll gefunden habe, war die Alice Schwarzer, da ich sie immer schon kenne. In den 70er Jahren war sie schon ein Thema in allen Zeitschriften und Zeitungen. Ich habe sie aber nicht persönlich gekannt. Ich habe immer nur über sie oder von ihr gelesen und wie sie dann nach Graz kam und ich mit ihr auf der Bühne in der Arbeiterkammer ein Gespräch führen konnte, war das für mich ganz toll. Danach auch noch mit ihr ein Getränk zu trinken und sie persönlich kennenzulernen habe ich spannend gefunden.
Schülerin: Vielen Dank, dass Sie uns die Fragen beantwortet haben.