Von Michael Griesbacher

Im Februar 2019 durfte ich im Zuge von Erasmus+ eine Woche in Aberdeen in Schottland verbringen. In dieser Woche habe ich eine schottische Schule namens Aberdeen Grammar School besucht und viel über den Unterricht – insbesondere im Fach Mathematik – und das Schulsystem in Schottland erfahren. Mein Partner vor Ort war der Mathematiklehrer Alan Fraser. Die meiste Zeit habe ich ihn in seine Schulstunden begleitet und in den Pausen regen fachlichen und kulturellen Austausch mit ihm, aber auch mit anderen Kolleginnen und Kollegen betrieben.
Am auffälligsten für mich waren zunächst das Schulgebäude und die Unterrichtsräume. Die Schule hat eine sehr lange Geschichte und dementsprechend ehrwürdig wirkt es von außen. Im Innenbereich ist alles deutlich in die Jahre gekommen und man gewinnt den Eindruck, dass eine Modernisierung dringend notwendig wäre. Auch das Schulmaterial, insbesondere die Bücher, sind alt und altmodisch. Dies wird versucht, durch eine gute technische Ausstattung wie Smartboards auszugleichen, was aber nur teilweise gelingt.
Die Schulorganisation ist ganz anders als in Österreich. Die Schülerinnen und Schüler sind zwischen 12 und 18 Jahre alt, wobei die letzten beiden Schuljahre optional sind. Die Schule beginnt kurz vor 9:00: Die Schülerinnen und Schüler – alle in Schuluniform in Krawatte in den Farben des Hauses –  melden sich zunächst an und erhalten wichtige Informationen des Tages. Jeder Schultag dauert bis 16:00, Klassenverbände in unserer Form gibt es nicht. Stattdessen können die Schülerinnen und Schüler nach gewissen Regeln und Interessen unterschiedliche Kurse wählen. Dies führt dazu, dass die Gruppen in den einzelnen Kursen oft wechseln und manchmal – insbesondere in den advanced courses ab 15 Jahren – sogar aus unterschiedlichen Jahrgängen stammen.

Jede Lehrperson hat einen fixen eigenen Raum und die Schülerinnen und Schüler suchen diesen auf, was ich als sehr angenehm empfunden habe. Die Lehrperson hat alle Unterlagen zur Hand und kann sofort in den Unterricht starten. Für die Schülerinnen und Schüler bedeutet das, dass sie sich zwischen den Stunden oft bewegen müssen. Dies lockert den Tagesablauf auf und so kommen sie meist erfrischt zur nächsten Stunde. Dadurch, aber vermutlich auch aufgrund der britischen Mentalität, sind die Schulstunden auffallend ruhig und die Schülerinnen und Schüler meist hoch konzentriert. Störungen wie „Tratschen“ sind die absolute Ausnahme, wobei mir Mr. Fraser erzählt hat, dass dies nicht an jeder schottischen Schule so sei.
Der Mathematikunterricht ist viel altmodischer als es bei uns der Fall ist, insbesondere wird kaum auf Technologie zurückgegriffen und die Fragestellungen sind weniger anwendungsorientiert als bei uns. Meist wird mit einem lesson starter– eine kurze Aufgabe die meist schon an der Tafel steht bevor die Schülerinnen und Schüler hereinkommen – begonnen. Der Rest des Unterrichts läuft ähnlich ab wie bei uns: erklären und üben. Erwähnt werden muss noch, dass Schottland ein Gesamtschulsystem hat. In den niedrigeren Jahrgängen werden Leistungsgruppen  gemacht. Es gibt somit more abled und less abled classes. In höheren Jahrgängen nehmen nur noch jene Schüler_innen am Mathematikunterricht teil, die einen entsprechenden Abschluss anstreben.
Ab und zu werden Übungstests geschrieben, diese haben aber rein informellen Charakter. Die Beurteilung findet ausschließlich in Form einer jährlichen, extern zusammengestellten und korrigierten großen Prüfung statt. Diese werden National 1 bis National 6 genannt. Bis Stufe 3 oder 4 sollten alle Schüler_innen im Laufe der Jahre kommen. Darüber hinaus ist es vor allem als Voraussetzung für die Zulassung zu verschiedenen Universitätslehrgängen wichtig.
Insgesamt habe ich sehr viele Impulse und Eindrücke aus Schottland mitgenommen, sowohl was das Schulsystem betrifft aber auch von Land und Leuten. Manche Dinge, wie beispielsweise die Schulorganisation, würde ich sofort übernehmen wollen, andere Aspekte, wie der Mathematikunterricht per se sind mir auf unsere Art lieber J Nicht zuletzt konnte ich für mich persönlich viel mitnehmen und meine Englischkenntnisse trainieren und verbessern.